Abstimmung im EU-Parlament: Darf „Veggie“ noch Wurst heißen? Echt jetzt?
- Klemens Kappe

- 7. Okt.
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Das EU-Parlament in Strasbourg stimmt darüber ab, ob vegetarische Lebensmittel als Burger, Schnitzel oder Wurst bezeichnet werden dürfen. Kanzler Merz, der deutsche Bauernverband und die europäische Fleischindustrie befürworten ein Verbot, „weil es einer klaren Unterscheidung und Erkennbarkeit zwischen klassischen Fleischprodukten und pflanzlichen Alternativen bedarf“.
Echt jetzt? Während Europa mit geopolitischer Erpressung, digitaler Steuerflucht und sicherheitspolitischer Fragmentierung ringt, beschäftigt sich das EU-Parlament mit der Frage, ob pflanzliche Produkte weiterhin als „Veggie-Wurst“, „Veggie-Schnitzel“ oder „Veggie-Burger“ bezeichnet werden dürfen. Als ob „Veggie“ vor „Wurst“ ein semantisches Rätsel wäre. Wer den Unterschied zwischen „Wiener Schnitzel“ (Kalb) und „Schnitzel Wiener Art“ (Schwein) kennt, wird auch mit „Veggie-Burger“ keine kognitive Überforderung erleben. Nach der "Plastikdeckel-Nippelverbindungs"-Verordnung also der nächste Akt im Theater der Symbolpolitik. Währenddessen bleiben wirklich drängende Fragen – eine gemeinsame europäische Verteidigung, die faire Besteuerung globaler Digitalkonzerne, die strategische Unabhängigkeit von China, Russland und den USA – dem exklusiven Zirkel des Europäischen Rates vorbehalten. Ein Gremium, das durch Vetorechte gelähmt ist und Entscheidungen hinter verschlossenen Türen trifft. Demokratische Legitimation? Fehlanzeige.
So geht’s! Das EU-Parlament muss endlich jene Rolle einnehmen, die ihm zusteht: Als Ort der demokratischen Auseinandersetzung, als Spiegel des europäischen Kräfteverhältnisses, als Werkstatt für tragfähige, transparente Gesetzgebung. Nicht als Spielwiese für Lobbyinteressen oder Ablenkungsmanöver. Gesetze, die Europa wirklich voranbringen, entstehen nicht in Brüsseler Hinterzimmern oder auf Gipfeln mit Fototerminen, sondern in der mühsamen, aber ehrlichen Kärnerarbeit der gewählten Abgeordneten – in den Regionen, nah an den Menschen. Denn Nähe schafft Vertrauen und entzieht den Rechten den Nährboden.
Bild: WIX, Unsplash



Dem EU-Parlament gelingt es regelmäßig sich im Elfenbeinturm zu verirren. Vermutlich wird in dessen höchster Höhe die Luft schon sehr dünn. Man erinnere sich an die wirtschafts- und patientenschädigende Verordnung zur Neulizenzierung medizintechnischer Geräte, die auf fehlkonstruierte Brustimplantate zurückzuführen ist. Ebensowenig hilfreich wie hinderliche Plastikdeckel an der Colaflasche oder aufsichtsrechtliche Fesseln am nichtversicherungsförmigen Pensionsfonds.